Kein Nachruf – Ein persönliches Anliegen

Vor gut einer Woche ist unsere geliebte Kollegin und Freundin Valentina Schenk von uns gegangen. Dass sie noch vor wenigen Monaten in unserer Kita Wigwam mit Kindern gespielt, gesungen und gelacht hat und jetzt einfach nicht mehr da ist, lässt uns fassungslos und tieftraurig zurück. An dieser Stelle möchte unser langjähriger Geschäftsführer Bodo Mierswa ein paar Worte des Abschieds verlieren:

“Liebe Valentina,

ich frage dich nicht, warum Du dich nicht mehr geschont hast, warum Du nicht etwas kürzergetreten bist, warum Du dich nicht mehr ausgeruht hast. Weil ich weiß, dass Du dann nicht mehr Du gewesen wärst. Du konntest nicht stillsitzen, Du konntest nicht einfach mal nichts tun. Das war nicht deine Art. Das warst nicht Du – und wenn ich schreibe ‚war‘, läuft mir ein kalter Schauer den Rücken runter. Weil das so endgültig klingt – so endgültig ist.

Wer warst Du? Valentina, ich habe dich, wenn ich mich richtig erinnere – und das ist schon sehr lange her – ungefähr 1998 kennengelernt. Damals waren gerade das Buschwerk und die Sträucher auf dem Gelände des heutigen Stadtteilbauernhofes entfernt worden und zunächst wurde hier ein Bauwagen hingestellt, später dann das erste Gebäude des Bauernhofes.

Du hattest bei dem früheren Trägerverein des Stadtteilbauernhofes einen kleinen Job angenommen, der jedoch keine Aussicht auf eine langfristige Beschäftigung hatte. Als wir dann 1999 den ersten Vorläufer unseres späteren Hortes Die Stadtindianer eingerichtet hatten, konnte ich dich schnell überzeugen, dass hier deine Zukunft liegen würde – und so war es dann auch bis – ja bis zum Schluss.

Aus dem vorläufigen Hort wurde dann eine geförderte Einrichtung und somit für Dich ein relativ sicherer Arbeitsplatz. Zugleich konnten wir für Dich beim Landesjugendamt eine Anerkennung deiner Ausbildung als Fachkraft erreichen. Damit warst Du fortan einer Kinderpflegerin gleichgestellt.

In dieser Zeit spieltest Du eine äußerst wichtige Rolle in der Zusammenarbeit mit dem Stadtteilbauernhof. Du warst unsere Schnittstelle zu dem damaligen Bauernhofpersonal, die ideale Vermittlerin. Denn Du kanntest beide Seiten und hast dich mit allen gut verstanden. So wanderten Informationen ganz informell über deine Lippen hin und her. Wahrscheinlich warst Du Dir über diese Rolle gar nicht bewusst. Ich habe es Dir leider nie gesagt.

Neben dieser Vermittler-Rolle, die Du später auch bei den Kindern und im Umgang mit den Kolleginnen und Kollegen eingenommen hast, hat dich ganz besonders dein

– wie soll ich es sagen – ja schon übergroßes Herz ausgemacht. Ein Herz für alle, für die Kleinen und für die Großen. Du hast nicht nach Hautfarben, nach Religionen, nach Herkunft geschaut. Und so war es für mich auch keine große Überraschung, dass meist, wenn ich unseren behinderten Sohn mal mit in die Einrichtung brachte, er ruckzuck an deiner Hand mitlief oder Du ihn auf dem Schoß hattest, wie selbstverständlich. Und so war es auch für Dich – selbstverständlich! Da musste nicht lange gefragt oder gebettelt werden.

Ich kenne nur wenige Menschen, von denen ich so uneingeschränkt sagen kann. Du warst eine Seele von Mensch – und das warst Du.

Ich denke, dass Dich dieser Wesenszug auch so stark gemacht hat. Und natürlich hat das auch zu deiner Anerkennung und Beliebtheit bei Kindern und Erwachsenen beigetragen.

Wenn die anderen noch lange diskutiert haben, hast Du schon angefangen, etwas zu tun. Natürlich hattest Du dabei auch deine eigene Meinung und deinen eigenen kleinen Dickkopf, aber nicht im negativen Sinne. Und zur Not hast Du eben auf diese Dir angeborene, resolute und dennoch herzliche Weise die Fachlichkeit, die von Dir eingefordert wurde, mit deinem Herzblut vermischt und deinem Gegenüber ein „Nu, ja“ entgegnet. Da konnte keiner lange sauer sein.

Du selbst konntest ja auch nie lange sauer sein und vor allem hast Du nie geklagt über Veränderungen oder die Entwicklung neuer Schwerpunkte. Du hast deine Rolle in jeder Gruppe gefunden und diese wurde von den anderen auch akzeptiert.

Du warst für die Kinder ein wichtiger Anlaufpunkt und für die Kolleginnen und Kollegen eine angenehme und hilfsbereite Mitarbeiterin. Alle wussten, wenn Du dabei bist, läuft das. Auf dich war immer Verlass!

Es ist jetzt müßig zu überlegen, ob Du dich nach deinem ersten Herzinfarkt mehr hättest schonen, nicht zur Arbeit zurückkehren oder zumindest weniger arbeiten sollen. Aber es ist nicht nur müßig, sondern auch vollkommen egal. Denn Du hättest dich an diesen Stellen nicht verbiegen lassen. Die Arbeit mit den Kindern war deine Profession. Das warst Du. Ohne wärst du nur ein halber Mensch gewesen.

Nun bist Du nicht mehr da. Und Du wirst mit Sicherheit fehlen, weil so wie Du es warst, kein anderer ist. Wir werden an dich denken und dich nicht vergessen.

Und eins noch: Ich hätte Dir dies alles gern selbst gesagt, solange Du noch da warst. Nicht als Warnung, sondern für dich als Bestätigung und Anerkennung deiner Arbeit. Und ich weiß schon, was Du am Ende gesagt hättest: „Nu, ja. Das war doch alles selbstverständlich.“ Und: „Es geht schon irgendwie weiter.“

Ruhe in Frieden Valentina

Dein Bodo”